Der Raubwürger (Lanius excubitor) ist eine typische Vogelart strukturreicher Offenlandschaften. Als Bewohner extensiv genutzter Wiesen, Weiden und Heiden ist er ein Vertreter jener traditionellen Kulturlandschaften, die in Luxemburg im Laufe der letzten Jahrzehnte zunehmend unter Druck geraten sind. Sein Rückgang macht deutlich, wie stark sich diese Lebensräume verändert haben und wie dringend gezielte Naturschutzmaßnahmen erforderlich sind. Gemeinsam mit dem Neuntöter, seiner „kleinen Schwester“, ist der Raubwürger zudem eine der beiden Zielarten des LIFE ArdennEislek-Projekts.

Noch vor etwa zwanzig Jahren war der Raubwürger in Luxemburg vergleichsweise weit verbreitet. Im Gutland und im hohen Norden wurden mehr als hundert Brutgebiete dokumentiert. Heute sind es nur noch dreizehn bekannte Gebiete. Dieser starke Rückgang zeigt die zunehmende Verarmung strukturreicher Offenlandschaften, aber auch die Bedeutung jener Flächen, die weiterhin geeignete Bedingungen bieten. Bemerkenswert ist, dass neun der dreizehn Vorkommen auf Grundstücken liegen, die von der Stiftung Hëllef fir d’Natur verwaltet werden. Dies unterstreicht, welch entscheidende Rolle der Flächenschutz für den Erhalt dieser Art spielt.

Die luxemburgische Population ist eng mit den Vorkommen in der Großregion verbunden. Aktuell befinden sich die stabilsten Bestände in den belgischen Ardennen und im Eifelgebiet. Ersten Schätzungen zufolge sind dort etwa 25 Revierpaare zu finden. Die Zahlen werden derzeit gemeinsam mit den belgischen Partnerorganisationen präzisiert. Auch in Luxemburg befinden sich die meisten bekannten Vorkommen in einer Region, die genau aus diesem Grund im Mittelpunkt des neuen grenzüberschreitenden Naturschutzprojekts LIFE ArdennEislek steht.

Das LIFE-Projekt „ArdennEislek” und seine Bedeutung für den Raubwürger

Das im Januar 2025 gestartete Projekt verfolgt das Ziel, Wiesen, Heiden und naturnahe Wälder mit hoher Biodiversität in den belgischen und luxemburgischen Ardennen wiederherzustellen und zu stärken. Träger des Projekts ist Natagora in Partnerschaft mit der Stiftung Hëllef fir d’Natur und natur&ëmwelt a.s.b.l. Bis zum Projektende im Jahr 2031 sollen mehr als 450 Hektar wertvoller Lebensräume wiederhergestellt oder neu geschaffen werden. Davon werden rund 110 Hektar neu erworben und langfristig als Naturschutzflächen gesichert.

Diese Wiederherstellungsmaßnahmen leisten einen direkten Beitrag zur Förderung einer Vielzahl seltener Arten, darunter auch der Raubwürger. Die Art profitiert besonders von offenen, extensiv genutzten Flächen mit ausreichenden Sitzwarten, einem guten Insektenangebot und einer abwechslungsreichen Vegetationsstruktur. Genau solche Elemente sollen im Rahmen des LIFE-Projekts gezielt gefördert werden. Durch die Aufwertung der Lebensräume und die Sicherung neuer Flächen wird die ökologische Aufnahmekapazität für die Raubwürgerpopulation in diesem grenzüberschreitenden Raum erhöht.

Da Luxemburg nur noch über wenige Vorkommen verfügt, kommt diesen Maßnahmen eine besondere Bedeutung zu. Entscheidend für die langfristigen Chancen dieser kleinen Population ist der Erhalt bestehender Brutgebiete und die Schaffung neuer, für die Art geeigneter Landschaftsstrukturen. Die Tatsache, dass sich der Großteil der verbliebenen Reviere im Projektgebiet befindet, macht deutlich, wie wichtig die Arbeiten in dieser Region sind.

Ein langfristiges Engagement für eine vielfältige Landschaft

Der Schutz des Raubwürgers geht weit über die Erhaltung einer einzelnen Art hinaus. Er steht exemplarisch für eine Landschaft, die vielen Insekten, Reptilien, Wiesenbrütern und zahlreichen Pflanzenarten Lebensraum bietet. Die Wiederherstellung und Sicherung solcher Gebiete kommt daher einer ganzen Reihe gefährdeter Arten zugute.

Mit dem Projekt LIFE ArdennEislek setzen die Partnerorganisationen Natagora, Hëllef fir d’Natur und natur&ëmwelt ein wichtiges Zeichen für die Zukunft dieser Lebensräume. Das Projekt verbindet Maßnahmen zur Renaturierung, wissenschaftliche Begleitung und den gezielten Erwerb weiterer Schlüsselhabitate. So entsteht schrittweise ein Netzwerk wertvoller Flächen, das auf beiden Seiten der Grenze die Grundlage für eine stabile und lebensfähige Raubwürgerpopulation schaffen soll.

Wenn es gelingt, die vorhandenen Lebensräume zu verbessern und neue zu schaffen, kann der Raubwürger auch in Zukunft Teil der luxemburgischen Offenlandschaften bleiben und ist ein Hinweis darauf, dass vielfältige Kulturlandschaften bestehen können, wenn wir sie aktiv schützen.